19. Mai 2013

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2 Kommentare:

  1. "Mannheim strahlt, denn Mannheim baut eine neue Kunsthalle. Errichtet wird sie nach Plänen des Hamburger Architekturbüros gmp. Und das Beste: Eine Stiftung spendet den Großteil der Bausumme. Da greift man doch zu. Erst recht, wenn der Neubau am historisch bedeutsamen Friedrichsplatz mit dem stilprägenden Ensemble aus Wasserturm, Rosengarten, Arkadenbebauung und der Kunsthalle entstehen soll. Er wird den wunderschönen Jugendstiltempel der Künste von H.Billing, die Mannheimer Kunsthalle von 1907, erweitern und ergänzen. Deshalb soll der heutige, 1983 für 27,5 Millionen Mark errichtete Erweiterungsbau der Architekten Mitzlaff, Lange, Böhm und Müller weichen. Er sei „nicht mehr zeitgemäß“, meint der Stadtrat und will nicht übereine Sanierung oder ein Umnutzungskonzept nachdenken. In einem ist der Achtziger-Jahre-Bau auf der Höhe der Zeit: Er bestätigt die Formel,dass im heutigen Bauen auch zuvor hochgelobte Bauten eine Halbwertzeit von dreißig Jahren nicht überschreiten. Zugegeben: Der Bau ist eine Kiste mit dem Charme einer Zigarrenfabrik. Aber er stört nicht besonders im Kontext der prächtigen rotsandsteinernen Jugendstilbebauung ringsum. Er ist da und funktioniert– nicht überall gut, aber optimierungstauglich. Das aber war zu wenig für die Verantwortlichen der Stadt Mannheim und die seit 2009 amtierende Museumschefin Ulrike Lorenz. Und so, wie der alte Mitzlaff-Bau jetzt ausschaut, vernachlässigt, abgetakelt und gnadenlos von Plakatemüll verunziert, macht er entschieden Stimmung für den Abriss. Geschätzte 68 Millionen Euro soll der Neubau kosten, fünfzig Millionen davon spendet der Mannheimer Hans-Werner Hector, ein Mitbegründer des Softwareunternehmens SAP. Er hat dazu gemeinsam mit der Stadt die private Stiftung Kunsthalle Mannheim gegründet. Sie war Ausloberin eines anonymen, nicht offenen Realisierungswettbewerbs für eine neue Kunsthalle, die später der Stadt Mannheim „geschenkt“ werden soll. Der Wettbewerb zwischen 29 eingereichtenArbeiten wurde vor einigenWoche entschieden, doch zu einem eindeutigen Votum hatte man sich noch nicht durchgerungen. Drei gleichrangige erste Preise wurden damals vergeben: für Entwürfe von gmp, Peter Pütz und Volker Staab (beide aus Berlin). Gmp spielt mit der Idee einer „Museumsstadt“ und umhüllt einzelne, reizvoll illuminierte Raumboxen mit einem goldenen Gitternetz. Unsereins assoziiert eine veredelte Version der Kaufhaushüllen Egon Eiermanns aus den sechziger Jahren. Staab Architekten hatten eine langgestreckte wuchtige Schachtel zum Friedrichsplatz hin als integrierte Wandelhalle eingeschnitten. Beim massigen, aus mehreren Gebäudescheiben addierten Korpus des Pütz-Modells schließlich verhieß nur das Lichtkonzept Erhellendes. Dreimal Überall-Architektur.Angesichts der heiklen architektonischen Ausgangslage mit denkmalgeschütztem Altbau und flankierendenSandsteinsolitären wirkten alle drei Siegerentwürfe wie riesige Schuhkartons, die ohne Sensibilität für die Materialität des Ortes und den stadträumlichen Kontext implantiert würden. Vielleicht war ja auch der Auslobungsanspruch viel zu hoch: Signifikant zu sein und gleichzeitig einen Kotau vor dem Billing-Tempel zu machen scheint fast unmöglich. Wer kann denn schon ein Musterbeispiel energetischen Bauens abliefern,dazu feinste Museumstechnik konzipieren, gleichzeitig ein verzwicktes Raumprogramm umsetzen, stadtplanerisch integrativ und offensiv zugleich wirken? Vielleicht war das ja auch der Grund, warum die selbstbewussten Entwürfe von Stars wie Zaha Hadid, David Chipperfield, Max Dudler und SANAA schon bei den ersten beiden Rundgängen aussortiert wurden. Die drei Siegerentwürfe wurden schließlich in einem „vertraulichen Verhandlungsverfahren“ noch einmal überarbeitet. Und nun ist endlich der Sieger bestimmt worden, wie erwähnt ist es die Schachtel von gmp. Sie wird nun den Vorgängerbau ersetzen, und man darf auf ihre eigene Halbwertzeit gespannt sein. Zu selten wird in Wettbewerben wie dem um den Erweiterungsbau Goethes Maxime beherzigt: „Wer in den Künsten nicht das Beste hat, hat gar nichts.“ Autorin: KARIN LEYDECKER "

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  2. Vielen Dank Frau Leydecker. Sie sprechen mit aus der Seele und ich wünschte mir einen Artikel über die aktuelle Situation. Die Demokratie weint im Angesicht der Handlungsweise der Bürgervertreter. Die Stiftung treibt den Stadtrat durchs Dorf, weil man dieses Abhängigkeitsverhältnis nicht mehr städtisch, schon garnicht weltmännisch nennen kann. Eine Provinz-Posse schwingt sich in den internationalen Kunsthimmel auf und landet schließlich wie beim Berliner Flughafen im Gelächter.

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